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Kategorie: Stadtbibliothek
Bernd Püllen

Die Ampel beantragt, im Rat der Stadt über den Neubau einer Zentralbibliothek zu beschließen. Die FWG-Fraktion stimmt gegen dieses Vorhaben.

Der Beschlussentwurf der Ampel hat folgenden Wortlaut:

I Der Ratsbeschluss vom 21. März 2012 (Vorlage 2135/VIII) wird aufgehoben.

II Die Verwaltung wird beauftragt,

  1. die Planung eines Neubaus der Zentralbibliothek vor allem für den Standort Alter Markt/Hindenburgstraße zu entwickeln und voranzutreiben. Alternative Standorte sind im Auge zu behalten;

  2. die Bebaubarkeit des vom Rat favorisierten Standorts Alter Markt/Hindenburgstraße im Detail zu untersuchen und im nächsten Ratszug darzustellen, wie sich das Bauvolumen für eine Bibliothek in der Größe von maximal 4.700 m² Nutzfläche und begleitende Gewerbeflächen in der Größe von 2.500 m² Nutzfläche an diesem Standort realisieren läßt. Die Baukosten sollen 2.500 € pro Quadratmeter nicht überschreiten;

  3. ein Raumprogramm zu entwickeln, das dem Anspruch einer Bibliothek des 21. Jahrhunderts genügt, die Sammlungen beinhaltet und der Vorgabe der Nutzfläche von maximal 4.700 m² gerecht wird;

  4. Finanzierungsmodelle (Bau/ Kauf/ Miete) unter Mitwirkung der EWMG detailliert auf Grundlage der oben aufgeführten Rahmenbedingungen auszuarbeiten und in Alternativen dem Rat vorzustellen;

  5. die im Haushalt notwendigen einzustellenden Finanzmittel für die verschiedenen Finanzierungsmodelle darzustellen. Die Vorgaben des HSP sind zu beachten;

  6. sich mittels einer kurzfristig anzufertigenden Expertise zur Bedeutung der Sammlungen um die Einwerbung von Fördergeldern zu bemühen;

III Die EWMG wird beauftragt,

  1. im Geschäftsbesorgungsauftrag der Stadt die für den Neubau der Bibliothek benötigten Grundstücke zu erwerben;

  2. Finanzierungsmodelle (Bau/ Kauf/ Miete) in enger Abstimmung mit dem Beteiligungsmanagement und der Bauverwaltung detailliert auf Grundlage der oben aufgeführten Rahmenbedingungen auszuarbeiten und in Alternativen dem Rat vorzustellen.

Für die FWG-Fraktion trägt Vorsitzender Bernd Püllen vor:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

das Thema Neubau einer Bibliothek beschäftigt uns bereits mehrere Jahre. Seltsamerweise hat es im Rat und seinen Ausschüssen trotzdem bis heute nie eine Information oder gar eine Diskussion über die Frage Warum braucht die Stadt Mönchengladbach einen Bibliotheksneubau? gegeben.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Frage weitere Fragen initiiert, z.B. die, welches Raumangebot zu bauen wäre und in welchem funktionalen Zusammenhang die Räume zueinander stehen müssten. Die Tatsache, dass bisher nicht öffentlich geworden ist, dass sich Bauverwaltung, Fachverwaltung und diejenigen, die in diesem Rat einem Neubau das Wort reden, mit solchen Fragen befasst haben, ist umso erstaunlicher, als doch all die damit angesprochenen klugen, sicher auch stark vernetzten Mitmenschen, Ratschläge außer Acht ließen, die ihnen aus dem Internet - leicht zugänglich - hätten zuwachsen können.

Unter www.bibliotheksportal.de haben Fachleute veröffentlicht, wie man vorzugehen hat, wenn man im Entscheidungsprozess zum Neubau einer öffentlichen Bibliothek Verantwortung tragen muss. Grund- und Kernaussagen sind danach:

  1. Es ist ein auf lokale Belange ausgerichtetes bibliothekarisches Konzept vorab zu erstellen unter Beachtung der Vorhaltung von zu definierenden Zielbeständen.

  2. Festzulegen sind: Funktion, Aufgabe, Ziele, Zielgruppen und Betriebsabläufe als unentbehrliche planerische Grundlagen.

  3. Mit verlässlichen Daten sind Flächen- und Raumbedarfe zu berechnen und die Ausstattung des Gebäudes zu definieren.

Die FWG-Fraktion hat Ihnen, meine Damen und Herren, in der Beratungsvorlage 2048/VIII vom 25. Januar 2012 vorgeschlagen, genau daraus sich ergebende Fragen zu untersuchen. Sie haben dies abgelehnt!

Am 09. März 2012 waren Sie von der Gestaltenmehrheit klüger geworden. Sie legten einen Beschlussentwurf vor, - den Sie im Rat am 21. März 2012 auch durchbrachten, - der die Grundlagenprüfung vor einer Entscheidung über einen Neubau vorsah. Heute schlagen Sie vor, diesen Beschluss aufzuheben und stattdessen zu beschließen, den Oberbürgermeister zu verpflichten, mit Planung und Realisierung eines Neubaues zu beginnen. Die FWG ist sicher, dass Sie diesen Beschluss auch heute fassen. Dass bekannt sein wird, wer ihm zustimmt, wird durch den Antrag der FWG auf namentliche Abstimmung gesichert werden. Wenn Sie ihren Beschluss durchgebracht haben werden, haben Sie bestimmt, dass auf die erforderliche Grundlagenermittlung verzichtet wird.

Das ist vorsätzlich falsches Verhalten.

Die weitergehenden Festlegungen in dem Beschluss sind der Einstieg in die Verursachung eines gewaltigen Vermögensschadens der Stadt Mönchengladbach. Damit haben Sie gegen ihre Pflichten als Verantwortliche für die Vermögensverwaltung der Stadt verstoßen, nicht fahrlässig, nicht grob fahrlässig, sondern vorsätzlich. Ihr Verhalten erfüllt somit den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB. Dass diese Tatsache nicht untergehen wird, kann ich Ihnen hier versprechen.

Ein Skandal ist, wie die Verwaltung mit der Neubaufrage für die Bibliothek bisher umgegangen ist.

Herr Oberbürgermeister, sowohl die Kulturverwaltung als auch die Bauverwaltung haben bisher nichts getan, um die Entwicklung auf tragfähige planungstechnische Grundlagen zu stellen. Die Berichtsvorlage 333/VIII vom 24. Februar 2010, beraten im Kulturausschuss am 10. März 2010, kann als solche nicht bezeichnet werden.

Es ist erstaunlich, dass in dieser Vorlage bei einem Gesamtvolumen von 6,2 Mill. € für Umbaumaßnahmen im vorhandenen Bibliotheksgebäude 1,8 Mill. € für Brandschutz und 1,32 Mill. € für energetische Ertüchtigungsmaßnahmen veranschlagt wurden. Für die Qualität der Arbeit über die Ermittlung der Kosten für Brandschutzmaßnahmen spricht sicher nicht, dass aus 1.8 Mill. € - weil es so gerade in die Überlegungen der Gestaltenmehrheit von SPD, FDP und Grünen passte - 60.000 € wurden. Für die Frage, ob Kosten für energetische Ertüchtigung aufgebracht werden können, fehlt selbst die dafür vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsberechnung. Wie für Entscheidungen des Rates und der Ausschüsse benötigte Vorlagen einen solchen Grad von Untauglichkeit erreichen können, erschließt sich aus keinem bis heute bekannten Umstand, Herr Oberbürgermeister. Sie müssen sich daher sagen lassen, dass Sie eine Mitschuld daran trifft, dass ihre Verbündeten in der Gestaltenmehrheit der Untreue schuldig geworden sind, wenn sie ihre Stimme abgegeben haben werden.

Es entlastet Sie nicht, Herr Oberbürgermeister, dass Sie sich in Bezug auf seit langem in der Verwaltung – wo auch immer – vorliegende Untersuchungsergebnisse und Erkenntnisse nicht berufen wollen, weil keine einheitliche Verwaltungsmeinung dazu vorliegt. Ihre Entlastungsversuche, sowohl in Äußerungen gegenüber nachfragenden Bürgern als gegenüber Ratsmitgliedern, sind untauglich. Es fehlt jeder Hinweis darauf, dass Sie Führungseinfluss ausgeübt haben.

Beschämend ist, Herr Oberbürgermeister, dass der Kulturdezernent auf Nachfrage im Kulturausschuss bestätigen musste, dass die Frage der Bindung der Stadt an den Schenkungsvertrag von 1926 für das heutige Bibliotheksgrundstück nicht untersucht worden ist. Es ist ihnen möglich gewesen, wie es auch der FWG möglich war, den Vertrag von 1926 zu lesen und die Verwaltungsvorgänge von 1959 zu bewerten, die sich mit dem Fortbestand der Zweckbindung für das Grundstück Blücherstraße befassen. Die FWG-Fraktion hält die Bindungswirkung in der 1959 modifizierten Form auch heute noch für gegeben. Die moralischen Aspekte begründen Verpflichtungen, die bestehen, wenn man sich ehrenwert fühlen möchte. Aber in diesem Punkte unterscheidet sich die FWG eben von anderen in diesem Hause, nach deren Erklärungen solche Verpflichtungen für sie nicht bestehen.

Sie haben bis heute, meine Herren von der Verwaltung, möglicherweise auch von der EWMG, nicht geprüft, welche Kosten entstehen, um das Bibliotheksgrundstück einer anderen Nutzung zuzuführen, wenn Sie denn wirklich den Gedanken umsetzen, einen Neubau zu errichten. Um die auf dem heutigen Gelände vorhandene Bausubstanz zu beseitigen, muss man Kosten aufwenden, die mit einer 5-stelligen Summe nicht ausreichend quantifiziert werden können. Unterlagen der Verwaltung, die sich mit Kosten für einen Neubau befassen, berücksichtigen nicht die Kosten der Abräumung des bisherigen Bibliotheksgrundstückes und auch nicht die entsprechend hohen Aufwendungen für Gründung und Ausgestaltung eines Neubaues. Die in der Ihnen, meine Damen und Herren der Gestaltenmehrheit, heute hier vorliegenden Vorlage erwähnten, mit 18 Mill. € begrenzten Baukosten sind Wunschdenken. Grunderwerbskosten sind überhaupt nicht kalkuliert.

Ein Beschluss, der in der vorgelegten Form durchgebracht werden wird, ist ein Vorgang, der leider nur mit Untreue bezeichnet werden kann, weil es keinen passenderen Straftatbestand, wie Verschwendung von Steuermitteln gibt.

Die FWG stimmt dem Antrag nicht zu und bittet eindringlich auch Sie von der Ampel, nicht zuletzt im eigenen Interesse, dem Antrag nicht zuzustimmen. Es wird Sie sonst auch noch die Folge des § 43 Abs. 4 GO treffen, der schon bei grob fahrlässiger Handlungsweise zu Schadenersatz verpflichtet. Und Sie von der Ampel trifft der Vorwurf des vorsätzlichen Handelns.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

Herr Oberbürgermeister, die FWG Fraktion beantragt namentliche Abstimmung.