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Kategorie: Allgemein

Erich Oberem traute seinen Ohren nicht, als ihm Anfang Januar 2010 vertraulich mitgeteilt wurde, dass ein Bürocontainer für 47.000 € im Bunten Garten aufgestellt werden solle, um zwei untereinander zerstrittenen Dienstkräften des Garten- und Friedhofsamtes getrennte Büros zu verschaffen.

Eine sofortige telefonische Rückfrage beim damals zuständigen Dezernenten, Beigeordneten Holzenleuchter, erbrachte trotz Erinnerung keine weiteren Informationen. Oberem informierte die Rheinische Post. Die war im Rahmen ihrer Recherche erfolgreicher als Oberem. Man konnte lesen, Herr Holzenleuchter habe den entsprechenden Auftrag storniert. Das war am 27. Januar 2010. Dabei war auch klar geworden, dass nicht nur 47.000 € eingesetzt werden sollten, sondern 53.000 €.

Auftrag storniert, überflüssige Geldausgabe gestoppt – Hoffung, die Verwaltung habe etwas dazugelernt, was mit Sparen zu tun hat, – Angelegenheit erledigt? Ein eigenartiges Gefühl blieb. Deshalb fragte Oberem im Rat am 28. April 2010 nach, wieviel die Aktion die Stadt letztlich gekostet habe.

Die Antwort ließ auf sich warten. In der Sitzung des Finanzausschusses am 29. Juni 2010 erkundigte sich Oberem nach dem Stand der Angelegenheit. Der Oberbürgermeister gab sich betroffen und sagte eine Antwort bis zur nächsten Ratssitzung am 7. Juli 2010 zu. Am 6. Juli 2010 endlich ging die Auskunft ein. Sie datierte vom 21. Juni 2010.

Die Antwort im Wortlaut:

Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass der Container (Bettrather Strasse) im Haushalt 2009 ursprünglich mit 47.100,00 € veranschlagt war. Aufgrund von Forderungen der EnEV 2009 (Energie-Einsparungs-Verordnung) wurde ein Betrag in Höhe von 6.100,00 € nachgemeldet. Der Gesamtansatz betrug im Jahr 2009 dann 53.100,00 €.

Nach Aufgabe der Absicht, an der Bettrather Strasse zur Entspannung der Bürosituation einen Bürocontainer aufzustellen, wurden diese Mittel zur Deckung einer notwendigen Maßnahme an einem anderen Ort herangezogen. Weitere Kosten sind an der Bettrather Strasse für die Beschaffung oder das Aufstellen des Containers nicht entstanden.

Wer auch nur ein wenig Ahnung vom städtischen Haushaltsrecht hat, erkennt auf den ersten Blick, dass diese Auskunft nicht richtig sein kann. Mittel, die für das Jahr 2009 zur Anschaffung eines Bürocontainers veranschlagt waren, können nicht im Jahre 2010 für einen anderen Zweck ausgegeben worden sein.

Nachfragen ergaben, dass die Stornierung des Auftrages für den Bürocontainer nicht möglich gewesen war. Es begann die Suche nach einem Verwendungszweck für den überflüssigen Bürocontainer. Der Verwaltungsvorstand unter Leitung des Oberbürgermeisters befasste sich mit der Angelegenheit. Mehrere Möglichkeiten wurden erörtert. Gefunden wurde die "Schaffung von Sozialräumen im Rahmen des Präventionskonzeptes", einer Maßnahme im Dezernat des Sozialdezernenten, Herrn Beigeordneten Dr. Schmitz. Der Kämmerer schuf im Haushaltsentwurf für die Jahre 2010/11 eine neue Haushaltsstelle und stellte die erforderlichen Gelder außerplanmäßig neu bereit. Die im Haushalt für das Jahr 2009 ausgewiesenen Mittel für die Anschaffung des Bürocontainers gingen unter. Damit ist die Information, die auf die Anfrage von Erich Oberem im Rat am 28. April 2010 erteilt wurde unwiderlegbar als Täuschungsversuch enttarnt.

Hier zeigt sich, was vom Sparwillen in der Verwaltung tatsächlich zu halten ist. Nichts! Der teure Bürocontainer wird allenfalls drei Jahre benutzt werden. Für diese Zeit wäre der entsprechende "Sozialraum" mit Sicherheit weit billiger als für eine Gesamtsumme von 53.000 € zu mieten gewesen. So etwas nennt man Verschwendung von öffentlichem Vermögen. Die Verantwortung trägt der Oberbürgermeister. Allein durch seine Beteiligung im Verwaltungsvorstand war er bestens informiert. Diesmal kann er die Verantwortung nicht auf einen Beigeordneten abschieben.

Die FWG-Fraktioin hat dem Herrn Oberbürgermeister ihre Meinung zu dem Fall in einem Offenen Brief mitgeteilt. Dessen Wortlaut ist nachfolgend wiedergegeben:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Bude,

das Schreiben vom 21. Juni 2010, eingegangen bei mir am 6. Juli 2010, gibt Anlass zu einigen Anmerkungen.

Vorab: Es ist nicht das erste Mal, dass zwischen Schriftsatzdatum und Zugang einer Mitteilung der Verwaltung ein ungewöhnlich langer Zeitraum liegt. Ich hatte darauf bereits im Rat bei entsprechender Gelegenheit verwiesen. Hier sind organisatorische Maßnahmen gefordert statt Schulterzucken.

Ich hatte Sie bei verschiedenen Gelegenheiten darauf hingewiesen, Ihre Verwaltung habe so unpräzise informiert, dass der Eindruck entstand, es sei eine Täuschung beabsichtigt. Sie wiesen dies zurück, sahen sich für das gerügte Verwaltungshandeln auch nicht in der Verantwortung.

Das oben genannte Schreiben beweist eine Täuschung unwiderlegbar. Mit der Auskunft soll der Eindruck erweckt werden, als sei die Absicht, einen unnötigen Bürocontainer zu beschaffen, ohne nachteilige Folgen für die Stadt geblieben. In Wirklichkeit musste der bestellte Container aber abgenommen und bezahlt werden, obwohl es keine Verwendung dafür gab.

Die aus der Abnahmeverpflichtung für den unnötigen Bürocontainer resultierende Zahlungsverpflichtung ist die Ursache für die an sich völlig überflüssige Bereitstellung von entsprechenden Mitteln im Haushaltsentwurf 2010/11 und eine außerplanmäßige Bereitstellung. Die nachträgliche Suche nach einem Ersatzbedarf kann Ihnen, Herr Oberbürgermeister, nicht entgangen sein. Damit war der Verwaltungsvorstand unter Ihrer Führung befasst. Sie kennen auch die anderen im Gespräch gewesenen Alternativen von Verwendungszwecken für den nun vorhandenen, aber überflüssigen Bürocontainer.

Die Bereitstellung neuer Mittel für die "Schaffung von Sozialräumen im Rahmen des Präventionskonzeptes" erfolgte am 2. Juni 2010. Die für das Jahr 2009 bereitstehenden Mittel für die Beschaffung des unnötigen Bürocontainers sind untergegangen. Eine Umlenkung von freigewordenen Mitteln auf einen neuen unabweisbaren Bedarf hat es nicht gegeben und auch nicht geben können. Hier trifft Sie persönlich Verantwortung, die Sie nicht abwälzen können. Sie sind damit auch verantwortlich für die Falschinformation, die von Herrn Beigeordneten Wurff unterschrieben wurde.

Der Vorgang ist symptomatisch für den Umgang der Verwaltung mit dem Gebot zur Sparsamkeit. Er kann nicht als abgeschlossen angesehen werden. Sie, Herr Oberbürgermeister, sind in der Pflicht, die Ursachen für diesen und vergleichbare Vorgänge aufzuklären. Den ständigen Aufrufen zur Sparsamkeit müssen endlich auch Taten folgen. Nicht nur durch die erst am 22. Juli 2010 veröffentlichte Untersuchung der IHK ist bekannt, dass der desolate Zustand der Haushalts- und Finanzlage der Stadt durch falsche Ausgabenpolitik verursacht ist. Die FWG-Fraktion hat dies schon vor Jahren durch eigene Untersuchungen ermittelt und 2005 veröffentlicht.

Anhalte für die Ihnen obliegende Verpflichtung zur Ursachenuntersuchung von Fehlverhalten könnten die Beratungsgegenstände im Vergabeausschuss sein. Es wäre auch anzuraten, dass Sie sich aktiv einschalten in Diskussionen, die im Rat geführt werden. Ich erinnere an das Thema "Sportanlage Schlachthofstraße", bei dem Sie zuließen, dass Maßnahmen mit hoher Kostenfolge beschlossen wurden, weil weder Verwaltung noch Ampelmehrheit und CDU an der Untersuchung günstigerer Alternativmaßnahmen interessiert waren. Als untersuchenswürdiges Beispiel von Fehlverhalten ist auch der Vorgang "Erweiterungsbau Kindergarten Venn" zu nennen. Hier ließen Sie zu, dass ein im Jahre 2008 gefasster Beschluss ohne Alternativuntersuchung durch die Fachverwaltung umgesetzt wurde, obwohl kostengünstigere Alternativen offenkundig waren. Alle Vorgänge dieser Art lassen sich vermeiden, wenn Sie sich rechtzeitig vorher im Rahmen Ihrer Führungsverantwortung einschalten würden.

Unser Rat ist: Hören Sie auf zu moderieren und fangen Sie an zu führen. Die FWG-Fraktion wird Sie bei den zukünftig zu erwartenden Maßnahmen gerne unterstützen. Nachfragen in der Angelegenheit, die zu diesem Schreiben Anlass gab, sind als Unterstützung in diesem Sinne zu verstehen.