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Kategorie: Allgemein

Ein zweifelhafter Beschluss des Vergabeausschusses.


Die Grundlagen

Der Vergabeausschuss ist der Ausschuss des Rates, der über die Vergabe von Aufträgen ab einer bestimmten Größenordnung entscheidet. Nach dem Gesetz hat der Oberbürgermeister diese Zuständigkeit. Der Rat hat aber von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, die Zuständigkeit auf den Ausschuss zu übertragen.

Die Frage, was Inhalt der Entscheidungsbefugnis des Vergabeausschusses ist, ist nicht eindeutig bestimmt. Die Vergabe von Aufträgen ist Folge von Vorhaben. Die Entscheidung über Vorhaben trifft der Rat, ein Fachausschuss oder der Oberbürgermeister (sprich: die Verwaltung) im Rahmen der gesetzlichen oder durch Ratsentscheidung begründeten Zuständigkeiten.

Der Vergabeausschuss hat also gewiss nicht die Befugnis, über Vorhaben zu entscheiden. Diese Entscheidung muss bereits getroffen worden sein, wenn sich der Vergabeausschuss mit der Frage zu beschäftigen hat, ob ein Auftrag vergeben werden soll. Diese Lage führt bei manchen zu der Auffassung, der Vergabeausschuss dürfe sich nur noch mit der Prüfung von Vergabeformalitäten befassen. Wäre dies richtig, hätte die Befugnis des Ausschusses keine Substanz. Die Übertragung substanzloser Zuständigkeit kann nicht Absicht des Rates gewesen sein. Die Substanz der vom Rat übertragenen Befugnis kann nur in dessen eigener, gesetzlich zugewiesenen Verantwortung gesucht werden. Hier aber kommt es darauf an, die Kontrolle über die Verwaltung auszuüben und sicherzustellen, dass sachlich richtige und wirtschaftlich zweckmäßige Entscheidungen getroffen werden. Daran hat der Vergabeausschuss seine Entscheidungen zu orientieren. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Fragen, die der Vergabeausschuss zu prüfen und letztverantwortlich zu entscheiden hat. Dies unterbleibt häufig mit Hinweis auf das falsche Verständnis von der Beschränkung der Befugnis auf die Formalienprüfung.


Geheimhaltung

Der Vergabeausschuss tagt nicht öffentlich. Dies dient dem Schutz der Interessen der an Vergabeverfahren beteiligten Dritten. Die Nichtöffentlichkeit hat aber auch zur Folge, dass das Handeln der Mitglieder des Vergabeausschusses der öffentlichen Kritik entzogen ist. Kritik an der sachlichen oder wirtschaftlichen Richtigkeit von Entscheidungsvorschlägen, die in den Sitzungen des Vergabeausschusses vorgebracht wird, geht nicht selten aus rein politischen Erwägungen unter dem Schutzmantel der Nichtöffentlichkeit unter. Das gilt auch bei eindeutigen Fehlern.

Ratsherr Erich Oberem war und ist auch zukünftig nicht bereit, das Interesse an sachlich und wirtschaftlich richtigen Entscheidungen im Vergabeausschuss durch falsche Entscheidungen gefährden zu lassen, die wegen der Nichtöffentlichkeit unangreifbar erscheinen. Er hat Fälle dieser Art in der Vergangenheit öffentlich gemacht und sich dabei nicht in der Anonymität versteckt. Er wird dies jetzt und in Zukunft tun, ohne dabei die geschützten Interessen beteiligter Dritter zu gefährden.


Beratung über Abrollbehälter

Jetzt ist die Entscheidung über die Beschaffung eines neuen Abrollbehälters Atemschutz für die Feuerwehr zu betrachten. Dabei handelt sich um einen Aufbau, der für bestimmte Einsatzfälle vorbereitet ist (Atemschutz) und mit entsprechenden Fahrzeugen zur Einsatzstelle verbracht werden kann. Dieser Fall befasste den Vergabeausschuss am 24. Mai 2011.

Die FWG-Fraktion hatte festgestellt, dass bei den Beratungsunterlagen zwar eine Stellungnahme des mit der Wartung des vorhandenen Abrollbehälters beauftragten Unternehmens vorlag, auf eine Reparatur zu verzichten. Doch fehlte eine Angabe über die Höhe der Reparaturkosten. Bei einer Neuanschaffung eines Abrollbehälters als Ersatz für einen beschädigten, vorhandenen sind aber sehr wohl die Kosten der Reparatur von Interesse, um die Frage der Neuanschaffung richtig zu lösen. Deshalb bat der Vertreter der FWG im Vergabeausschuss, die Angelegenheit wegen Beratungsbedarfs der FWG in die nächste Sitzung zu verschieben. Fehlende Angaben sollten bis dahin nachgefordert werden. Ein Vertreter der SPD-Fraktion hielt dem entgegen, die Angelegenheit sei klar, man solle in der Sache entscheiden. Und man entschied - Ampel und CDU einmütig für die Neuanschaffung.


Nachspiel

Eine solche Entscheidung ist nicht akzeptierbar. Sie muss auch öffentlich sein. Ratsherr Erich Oberem informierte die Öffentlichkeit über die Schlamperei.

Es gab ein Nachspiel im Rat, nicht wie zu erwarten im öffentlichen Teil, nein, im nichtöffentlichen. Ratsherr Schiffers von der CDU fragte den Oberbürgermeister, was er dagegen zu tun gedenke, dass Tagesordnungen des Vergabeausschusses in der Öffentlichkeit breitgetreten würden und Ausschussmitglieder und städtische Mitarbeiter der Schlamperei bezichtigt würden. Der Oberbürgermeister erklärte sich machtlos. Er musste auf Nachfrage von Ratsherrn Erich Oberem zugestehen, dass die Nichtöffentlichkeit einer Ausschusssitzung nicht dazu diene, Fehler zu vertuschen.

Auf die Idee, den öffentlich von Ratsherrn Erich Oberem benannten Vorgang einer Prüfung zu unterziehen, schien der Oberbürgermeister nicht gekommen zu sein. Es verblieb bei der fehlerhaften Entscheidung des Vergabeausschusses. Das ist kein Kavaliersdelikt, das ist eine Pflichtverletzung.


Akteneinsicht

Die FWG-Fraktion beantragte Akteneinsicht für Ratsherrn Erich Oberem. Diese wurde am 07. Juli 2011 gewährt.

Die Feststellungen aus der Akteneinsicht:

  1. Das Vergabeverfahren zur Beschaffung eines neuen Abrollbehälters Atemschutz wurde bereits im Dezember 2010 mit einer öffentlichen Ausschreibung eingeleitet. Diese öffentliche Ausschreibung wurde aufgehoben, weil angeblich kein wertbares Angebot eingegangen sei. Es lagen fünf Angebote vor. Die Einschätzung, es habe kein wertbares Angebot vorgelegen, kann als sehr fragwürdig bezeichnet werden.

  2. Unter den Anbietern aus der öffentlichen Ausschreibung wurde eine beschränkte Ausschreibung vorgenommen. Submissionstermin 6. April 2011.

  3. Am 18. April 2011 wurde die Beratungsvorlage für den Vergabeausschuss ausgefertigt.

  4. Am 19. April 2011 wurde von der Feuerwehr telefonisch eine Einschätzung der Reparaturfähigkeit des vorhandenen Abrollbehälters bei dem Unternehmen eingeholt, das für die Feuerwehr Fahrzeuge wartet. Es sollten die Kosten der Überholung des vorhandenen Abrollbehälters ermittelt werden.

  5. Am 20. April 2011 bestellte das Unternehmen, das mit der Wartung der Feuerwehrfahrzeuge betraut ist, bei der Herstellerfirma des vorhandenen Abrollbehälters einen Kostenvoranschlag für die Überholung an Hand von Fotos, die bei der Besichtigung des Abrollbehälters gemacht worden waren.

  6. Die Herstellerfirma des Abrollbehälters war bereits im Dezember 2010 als Bieter für den neuen Behälter in Erscheinung getreten und auch als Anbieter im beschränkten Ausschreibungsverfahren beteiligt. Sie kam in beiden Verfahren nicht zum Zuge. Diese Zusammenhänge und die Tatsache, dass die Feuerwehr sich längst für eine Neuanschaffung entschieden hatte, waren dem Unternehmen nicht bekannt, das mit der Wartung der Feuerwehrfahrzeuge beauftragt ist.

  7. Am 28. April 2011 teilte die Herstellerfirma für den vorhandenen Behälter mit, dass kein Angebot abgegeben werde. Man empfehle die Neuanschaffung.

  8. Die Information vom Hersteller des vorhandenen Abrollbehälters verwendete das Unternehmen, das mit der Wartung der Feuerwehrfahrzeuge beauftragt ist, unter eigenem Namen für ein Schreiben vom 28. April 2011 an die Feuerwehr.

  9. Das Schreiben vom 28. April 2011 an die Feuerwehr wurde der Beratungsvorlage vom 18. April 2011 für den Vergabeausschuss nachträglich beigefügt.

Dieser Ablauf kann wohl schlecht ein ordnungsgemäßes Verfahren kennzeichnen. Nachfragen zu der Beratungsvorlage vom 18. April 2011 hätten diese Erkenntnis auch gebracht.


Ein Feuerwehrbeamter nimmt Stellung

Die Stellungnahme des für die Vertretung der Beratungsvorlage im Vergabeausschuss zuständigen Feuerwehrbeamten soll nicht verschwiegen werden. Er äußerte sich schriftlich zur Berichterstattung der Rheinischen Post vom 31. Mai 2011. Dabei führte er aus, der nicht reparierbare Zustand des vorhandenen Abrollbehälters sei dadurch verursacht, dass dieser von 1996 bis 2007 den Witterungsbedingungen ungeschützt ausgesetzt gewesen sei. Damit wollte er wahrscheinlich den Eindruck erzeugen, dass die Zustandsverschlechterung des Abrollbehälters unvermeidlich war.

Bei der Akteneinsicht lag auch die Akte vor, in der die Unterlagen gesammelt werden, die sich auf den Abrollbehälter aus der gesamten Nutzungszeit beziehen. Die Akte enthielt nur zwei Unterlagen, die erkennen lassen, dass sich je jemand mit dem Zustand des Abrollbehälters befasst hat. Es handelt sich um je eine Mängelanzeige aus dem Jahre 2001 und dem Jahre 2008. In der Mängelanzeige von 2001 wird bereits auf Korrosionsschäden hingewiesen. Über Art, Umfang und Behebung wird nicht berichtet. Die Akte ist somit Beleg für mangelhafte Wartung des Abrollbehälters. Fast hat man den eindruck, dass die Verrottung des vorhandene Abrollbehälters billigend in Kauf genommen wurde, um dann einen neuen anzuschaffen. Wie eine Beratungsvorlage vom 21. November 2008 ausweist, war eine Neuanschaffung schon im Jahr 2010 beabsichtigt.


Zusammenfassend ist festzustellen:

  1. Das Vergabeverfahren ist von der Feuerwehr eingeleitet worden, bevor festgestellt wurde, ob der vorhandene Abrollbehälter repariert werden kann und welche Kosten dadurch entstehen würden.

  2. Die Beratungsvorlage für den Vergabeausschuss war mangelhaft vorbereitet.

  3. Die nachträglich eingeholte und der fertigen Beratungsvorlage beigefügte Bescheinigung über die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit der Reparatur des Abrollbehälters ist nicht tragfähig.

  4. Die auf die Nutzungszeit des Abrollbehälters bezogenen Unterlagen lassen den Schluss zu, dass die Wartung des Abrollbehälters unzureichend war.

  5. Der Vorgang insgesamt belegt Leichtfertigkeit im Umgang mit öffentlichen Mitteln.

  6. Es liegt eine grobe Verletzung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vor.