Zum Ende des Haushaltsjahres legt die Stadtverwaltung den Jahresabschluss vor.
Dieser muss vom Rechnungsprüfungsamt geprüft und vom Rechnungsprüfungsausschuss beraten werden. Die geprüfte Jahresrechnung wird vom Rat beschlossen und ist dann die Grundlage für die Entlastung des Oberbürgermeisters. Die Entlastung besagt, dass der Oberbürgermeister seiner Verantwortung für den Umgang der Stadt mit dem Geld der Bürger gerecht geworden ist. Die Entlastung besagt, dass
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der Haushaltsplan eingehalten wurde,
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alle Zahlungsvorgänge den Rechtsvorschriften gemäss geleistet wurden,
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alle Zahlungsvorgänge ordnungsgemäss belegt und gebucht sind,
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die Vorschriften über Verwaltung und Nachweis des Vermögens und der Schulden eingehalten wurden.
In der letzten Ratssitzung am 07. Juni 2010 stand der Jahresabschluss für das Jahr 2008 auf der Tagesordnung.
Bereits in den vorangegangenen Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses, des Finanzausschusses und des Hauptausschusses hatte die FWG erklärt und erläutert, dass sie der Entlastung des Oberbürgermeisters nicht zustimmen werde. Erst in der Hauptausschusssitzung hatte der Oberbürgermeister dies als pauschale Personalschelte bezeichnet und der Vorsitzende der FDP-Fraktion dies als ehrenrührig bezeichnet. Die eine Erklärung ist nichts anderes als der Versuch, die eigene Verantwortung anderen in die Schuhe zu schieben. Denn alle Erklärungen der FWG-Vertreter hatten nur die Versäumnisse im Verantwortungsbereich des Oberbürgermeisters zum Gegenstand. Die andere Erklärung ist ein unsachlicher Versuch dem Oberbürgermeister Scheinunterstützung zu gewähren, weil der nämlich für die vielen gegen das Spargebot gerichteten Entscheidungen der von der FDP mitgetragenen und maßgeblich beeinflussten Koalition der letzten zehn Jahre die Quittung einstecken muss.
Erich Oberem trug die Auffassung der FWG im Rat vor, wie dies nach der Gemeindeordnung vorgeschrieben ist. Der Vortrag hat folgenden Wortlaut:
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
die FWG-Fraktion hat die Absicht, dem Herrn Oberbürgermeister die Entlastung für das Jahr 2008 zu verweigern. Das muss gem. den gesetzlichen Vorschriften begründet werden. Dafür bitte ich um die erforderliche Geduld. Was sein muss, muss sein!
Die Jahresrechnung zu beschließen ist kein Problem. Schliesslich ist das nur die buchhalterische Abbildung des Verwaltungshandeln, in der es keine Fehler gibt. Das buchhalterische Abbild des Verwaltungshandelns muss bewertet werden und ist mit dieser Bewertung die Grundlage für die Erteilung der Entlastung. Zum Zwecke der Bewertung muss ein Zusammenhang mit dem Verwaltungshandeln hergestellt werden, das teilweise sehr weit vor dem abschließenden Buchführungsakt eingeleitet wurde. Und dann zeigt sich, wo Verwaltungshandeln vorliegt, wodurch eine Entlastung des Oberbürgermeisters nicht mehr möglich ist.
Der erste Ansatz für die Bewertung sind die Bemerkungen, die das Rechnungsprüfungsamt seinem Schlussbericht voranstellt. Sie enthalten schwerwiegende Feststellungen, die nicht einfach nur zur Kenntnis genommen werden können. Die Hinweise zur Rücklagennutzung, zur Kassenkreditlage und zu den Substanzverlusten im städtischen Gebäudebestand und an Straßen sind beispielhaft zu nennende massive Kritikpunkte, die belegen, dass der erforderliche Sparwille in der Stadt nicht ausreichend ausgeprägt ist. Der Herr Oberbürgermeister trägt dafür die Verantwortung, auch wenn Entscheidungen, die zu den beschriebenen Folgen führen, nicht seine sind. Belegbar ist jedoch, dass der Herr Oberbürgermeister seinen Einfluss nicht oder nicht ausreichend geltend gemacht hat.
Das gravierendste Beispiel dafür ist das Unterlassen der Ursachenforschung für das Ansteigen der Kassenkredite. Hier gab es eine Prüfungsempfehlung des Gutachters Rödel, der der Herr Oberbürgermeister nicht folgte. Der Herr Oberbürgermeister ist insoweit auch nicht durch den Ratsbeschluss gedeckt, nach dem die entsprechende Prüfung unterbleiben soll. Selbst hier trifft den Oberbürgermeister Verantwortung, weil er dem Beschluss nicht widersprach.
Der Behauptung des Rechnungsprüfungsamtes, dass die Prüfungsbemerkungen einer Entlastung des Herrn Oberbürgermeisters nicht entgegenstehen, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden. An dieser Stelle ist zu fragen, ob das Rechnungsprüfungsamt die ihm zukommende Aufgabe überhaupt erfüllt hat. Es erklärt, alle Vergabevorlagen für den Vergabeausschuss auch auf Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit geprüft zu haben. Diese Erklärung ist unzutreffend, wie bei einer Kontrolle der Vergabevorgänge leicht festgestellt werden kann. Die FWG hat in vielen Fällen auf den Mangel hingewiesen.
Das Rechnungsprüfungsamt bescheinigt, dass bei allen Zahlungsvorgängen nach den geltenden Vorschriften verfahren wurde. Hier stellt sich die Frage, ob das Haushaltssicherungskonzept keine Vorschrift dieser Art ist. So verbietet das Haushaltssicherungskonzept die Beauftragung von Gutachten, weil eigenes Personal nicht zu Verfügung steht. Bei Ingenieurverträgen in Bau- und Planungsangelegenheiten wurde häufig gegen diese Regel verstoßen. Und das ist ein Rechtsverstoß. Es war sogar festzustellen, dass Ingenieurleistungen vergeben wurden, weil eigenes Personal die Verantwortung für eigene Fehler abwälzen wollte.
Die Verantwortung trägt der Herr Oberbürgermeister auch, wenn diese Vorgänge von anderen Mitgliedern des Verwaltungsvorstandes unterschrieben wurden. Der Herr Oberbürgermeister hatte die Möglichkeit einzuwirken, und zwar in den regelmäßigen Sitzungen des Verwaltungsvorstandes.
Es gibt Vorgänge, die zeigen, dass der Herr Oberbürgermeister sachlich von der Investitionsplanung bis zur Beschaffung eingebunden war und an keiner Stelle die nötige Einwirkung auf Entscheidungsvorbereitung und Entscheidung genommen hat, um dem Spargebot für die Stadt Wirkung zu verschaffen. Selbst die rechtswidrige Begründung eines Haushaltsrestes ist dabei zu bedauern.
Hohe Belastungen ergeben sich aus dem Schulbau. Hier ist der Mangel zu beklagen, dass Alternativen zu den einzelnen Bauvorhaben nicht untersucht wurden. Auch dieser Mangel liegt im Verantwortungsbereich des Herrn Oberbürgermeisters.
Die FWG ist gerne bereit, für alle Erklärungen die Belege im Einzelnen zu präsentieren.
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
die FWG hat ihre Auffassung im Rechnungsprüfungsausschuss, im Finanzausschuss und im Hauptausschuss vorgetragen. Wir wissen, dass in diesem Zusammenhang leider nur der Herr Oberbürgermeister angesprochen werden muss. Deswegen ist das, was zum Ausdruck gebracht wird, keine pauschale Personalschelte. Ich habe das selbst im Finanzausschuss deutlich gemacht. Ihre Ausführungen zur Betroffenheit des Personals im Hauptausschuss, Herr Oberbürgermeister, können leicht dahingehend missverstanden werden, dass Sie sich hinter dem Personal verstecken wollten, weil die Verantwortung in der Sie leider alleine stehen Ihnen zu schwer ist. Ich versichere Ihnen hiermit nochmals, dass wir bedauern, Ihnen persönlich Vorhaltungen zu machen. Aber Sie stehen nach dem Gesetz allein in der Verantwortung.
Zu Ihren Ausführungen über Ehrenrührigkeit, Herr Dr. Jansen-Winkeln, will ich nur sagen, dass der Herr Oberbürgermeister auch die Verantwortung trägt für Fehlverhalten, dass Sie und Ihre Mehrheit mit der CDU zu verantworten hätten, wenn das Gesetz nicht den Oberbürgermeister zum Prügelknaben für Sie gemacht hätte. Und ob im übrigen Ihr Begriff von Ehre mit meinem übereinstimmt, bezweifle ich und will deshalb nichts weiter zu Ihrer Äußerung sagen.