Mit Genehmigung der Rheinischen Post (RP) gibt die FWG hier ein Interview wieder, dass die RP mit Erich Oberem führte und am 14. September 2015 veröffentlichte.
RP:
Täuscht der Eindruck, oder ist die FWG tatsächlich leiser geworden?
Erich Oberem:
Wir sind nicht leiser geworden. Wir werden aber trotzdem vielleicht nicht mehr so gehört wie früher, obwohl wir genau so vernünftige Dinge sagen wie früher. Das hängt mit dem Wahlergebnis zusammen, das uns weniger medienwirksam gemacht hat.
RP:
Wie meinen Sie das?
Oberem:
CDU und SPD haben sich zu einer Bruderschaft zusammengeschlossen. Die haben eine so klare Mehrheit, dass der Eindruck entsteht, dass die wesentlichen Entscheidungen in den Fraktionssitzungen von CDU und SPD getroffen werden. Der Eindruck verstärkt sich noch, weil die Verwaltung nicht gerade so wirkt, als arbeite sie wegweisend selbstständig, sachorientiert und von der Politik unabhängig, sondern nur als Ausführende dessen, was die CDU/SPD-Bruderschaft vorgibt.
RP:
Was hat das für Folgen für die FWG?
Oberem:
Das hat zunächst einmal grundlegende Folgen für alle anderen Parteien. Weil alle den Eindruck haben, dass die wesentlichen Entscheidungen, wenn sie in den Ausschüssen und im Rat besprochen werden, längst gefallen sind. Man merkt das den Diskussionen an. Ich habe den Eindruck, dass niemand mehr so recht andere Argumente hören mag, die CDU/SPD-Bruderschaft selbst am allerwenigsten.
RP:
Müsste die Große Koalition mehr auf die FWG hören?
Oberem (lacht):
Selbstverständlich. Im Ernst: Dass die FWG bei der letzten Kommunalwahl ihren Fraktionsstatus verloren hat, hat natürlich Folgen darauf, wie wir wahrgenommen werden. Wir sind eine Stimme von vielen geworden. Wenn Sie, die RP jetzt anfangen würden, zu jedem Thema auch die Position der FWG darzustellen, müssten Sie das analog genauso bei den anderen tun, die nur einen Sitz im Rat haben. Und das will niemand. Ich auch nicht. Die FWG arbeitet sich nach wie vor gründlich in alle Themen ein, recherchiert, stellt Fragen und bezieht Positionen, die sie begründet und die nachvollziehbar sind. Das tun andere nicht. Wenn entsprechend berichtet würde, wäre das gut.
RP:
Ärgert es Sie, wenn Sie mit Ihren Argumenten nicht durchdringen?
Oberem:
Nein, wohl aber, dass sie nicht bewertet werden. Wir sind ja keine Nörgler, als die man bei abweichender Meinung manchmal dargestellt wird. Wir arbeiten daran, dass es voran geht mit der Stadt. Wir ziehen gerne mit an diesem Strang. Und manche der Positionen, die wir schon seit langem vertreten, sind inzwischen auch der CDU/SPD-Bruderschaft genehm.
RP:
Zum Beispiel?
Oberem:
Dass wir ein Friedhofskonzept brauchen, fordern wir seit vielen Jahren und begründen das auch ausgiebig. CDU und FDP haben genau wie SPD, Grüne und FDP aber auch CDU/SPD-Bruderschaft immer freundlich genickt, wenn wir das vorgetragen haben - aber am Ende dagegen gestimmt. Jetzt scheinen sich CDU und SPD der Frage wirklich annehmen zu wollen. Ich hoffe, dass es wirklich so kommt.
RP:
Genau so, wie Sie sich wahrscheinlich darüber freuen, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende Hans Peter Schlegelmilch noch einmal über die Bedeutung der Logistik in der Stadt diskutieren will?
Oberem:
Ja, das hat der Bruderschaftssprecher tatsächlich gesagt. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist beachtlich, was an Arbeitsplätzen im Regio-Park entstanden ist. Aber es taugt nicht, allein auf diese Branche zu setzen. Die Zahl der Industriearbeitsplätze hat deutlich abgenommen, auch deutlicher als in anderen Städten unserer Größe. Diese Stadt lebt vom Handwerk. Wir brauchen ein Wirtschaftsförderungskonzept, dass von einem Experten vorgegeben wird.
RP:
Was halten Sie von der Sauberkeitsoffensive der Stadt?
Oberem:
Es ist ja wohl mehr die Sauberkeitsoffensive der CDU und ein bisschen der SPD, die da mitmacht, so wie sie halt bei vielem mitmacht, was der Bruderschaftssprecher vorgibt. Ich bin gespannt, was der Bürger sagt, wenn ihm die Rechnung dafür präsentiert wird. Denn natürlich kostet all das Geld. Ich bin gespannt, ob nun wirklich eine Anstalt öffentlichen Rechts gebildet werden soll. Ich halte das nicht für die beste Rechtsform für diesen Fall.
RP:
Macht OB Reiners den Job besser als OB Bude?
Oberem:
Muss ich auf die Frage antworten?
RP:
Sie müssen nicht. Sie dürfen.
Oberem:
Ich finde es erstaunlich, in wie vielen wesentlichen Fragen der Oberbürgermeister sich und seine Verwaltung für nicht zuständig erklärt oder einfach schweigt. Ich sage Ihnen ein Beispiel. Ich habe beim Kauf des Karstadt-Gebäudes um Akteneinsicht gebeten. Der Oberbürgermeister gab mir die Auskunft, zu der Angelegenheit gebe es gar keine Akten bei der Verwaltung. Die gebe es nur bei der Entwicklungsgesellschaft, und die dürfte ich leider nicht ansehen. Das ist eine rechtlich vollkommen falsche Auskunft, von der sich die Entwicklungsgesellschaft selbst auch nicht hat beeindrucken lassen. Dr. Schückhaus hat mir die Einsicht gewährt.
RP:
Was wünschen Sie sich vom neuen Baudezernenten?
Oberem:
Erst mal würde ich mir wünschen, dass er in dem dafür durchgeführten korrekten Verfahren bestimmt worden wäre. Wie kann es denn sein, dass man ausschreibt, sich dann niemand Genehmes meldet und man dann - nach Ende der Ausschreibung - plötzlich ganz neue Kandidaten aus dem Hut zaubert? Wo gibt es denn so was?
RP:
Und was braucht die Stadtplanung?
Oberem:
Ein klares Ziel. Die Stadtentwicklung hängt in Mönchengladbach von zu vielen nicht steuerbaren Faktoren ab - und damit vom Zufall. Es gibt kein klar definiertes Ziel, von dem sich alles ableiten lässt. Wenn Herr Dr. Bonin ein solches Ziel vorgeben und umsetzen sollte, wäre er ein Gewinn für die Stadt.
RP:
Werden Sie ihn mitwählen?
Oberem:
Das hängt davon ab, wie das Problem gelöst wird, welche Besoldungsgruppe Herrn Bonin zugestanden wird. Er wird entsprechend der Eingruppierungsverordnung in Düsseldorf nach B 8 besoldet, hätte in Mönchengladbach B 5 oder vielleicht B 6 zu erwarten. Wie kann man hier einen solchen Verlust ausgleichen. Für einen Verzicht auf die Differenz muss es Gründe geben.
RP:
Haben Sie den Eindruck, dass es aufwärts geht mit Mönchengladbach?
Oberem:
Es gibt einzelne Projekte, die auf den ersten Blick diesen Eindruck entstehen lassen. Aber sobald man genauer hinschaut, stellt man fest, dass es keinen Plan dahinter gibt. Da wird in Rheydt die Innenstadt saniert, weil jemand einen Topf findet, aus dem man Geld bekommen kann. Weil das kein Topf für Stadtentwicklung ist, sondern für soziale Projekte, wurde Rheydt zum sozialen Brennpunkt erklärt. Was für ein Unsinn! Und jetzt wird man uns erklären, dass einige dieser Projekte so wertvoll sind, dass die Stadt sie aus eigener Tasche weiter finanzieren muss. Mönchengladbach hat noch immer eine problematische Struktur in der Bevölkerung. Lassen wir mal für den Moment bei Seite, dass Bund und Stadt sich nicht darüber einigen können, wie viele Einwohner Mönchengladbach denn nun hat und wie viele es in Zukunft wohl haben wird. Wenn Sie die Zahlen der Studie der Fachhochschule lesen, verstehen Sie, warum Mönchengladbach ein strukturelles Problem hat. Es sind nach wie vor bestimmte Menschen, die hierher ziehen. Und das sind leider eher nicht diejenigen, die die Stadt voranbringen.
RP:
Tritt die FWG bei der nächsten Kommunalwahl wieder an?
Oberem:
Ja.